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Aufgabengestaltung

Eine Arbeit am gemeinsamen Gegenstand, der auf unterschiedlichen Erfahrens- und Erkenntniswegen erschlossen werden kann, kann durch eine gemeinsame Aufgabe gelingen, die unter Berücksichtigung verschiedener Differenzierungsmöglichkeiten gestaltet wird.
Die Aufgabe ist curricular verankert, wird bestimmt durch die Kompetenzbereiche des Faches und ist eingebettet in eine Lernumgebung, die eine entsprechende Struktur vorhält, die die Aufgabe zur Entfaltung bringen kann.
„Eine Aufgabe ist nie Selbstzweck, sondern hat immer eine ganz bestimmte Funktion im Prozess des Wissenserwerbs“ (Maier 2016, S. 8).
Die geeignete Gestaltung von Aufgaben ist eine Ebene der Differenzierung, die genuin fachdidaktisch zu bearbeiten ist (vgl. Leuders/Prediger 2012, S. 2). Das Zusammenspiel aller drei Ebenen der Differenzierung: Strukturen, Methoden, Aufgaben, gilt es themenspezifisch aufzubereiten (ebd.). Neben einem fachlich-curricularen Aspekt hat sonderpädagogische Förderpraxis auch immer einen individuell-entwicklungsbezogenen Aspekt (Heimlich und Kahlert 2014, S. 163). Entsprechend der Lern- und Entwicklungsplanung werden fachliche Kompetenzerwartungen und Entwicklungschancen individuell gewichtet und durch vereinbarte Maßnahmen unterrichtlich eingebunden.

Kognitive Belastung von Aufgaben

Eine Lernaufgabe löst automatisch eine kognitive Belastung aus (Gold 2016, S. 74). Die Belastung von Aufgaben liegt entsprechend der cognitive load theory zu einem großen Teil in der Sache selber (vgl. Ellinger 2017, S. 206). Der eine Lerner wird durch diese positiv herausgefordert, zur Leistung angeregt, derjenige, der über unzureichende Lernvoraussetzungen verfügt, sieht sich Problemen beim Lernen gegenüber. Unnötige Belastungen durch Aufgaben können z.B. sein:

  • die Art der Präsentation,
  • die Schnelligkeit in der Darbietung,
  • Unklarheit der Relevanz,
  • hohe Anzahl an Informationen,
  • keine/ unpassende Abbildungen,
  • die Struktur der Aufgabe. (vgl. Gold 2016)

Unter dem Stichwort Lernförderung sind praktische Impulse zur entsprechenden Gestaltung von Lernmaterialien zu finden. Im Hinblick auf eine lernförderliche Gestaltung von Aufgaben gibt Hecht (in Kuhl u.a. 2016, S. 55 f) folgende Gestaltungshinweise:

  • auf das Vorwissen und die kognitiven Ressourcen abgestimmte Anforderungen
  • ein Lernziel sichtbar machen und intuitiv erkennbare Lösungswege aufzeigen
  • auf eine eindeutige Darstellung achten
  • auf irrelevante und ablenkende Elemente verzichten
  • intuitiv nicht erfassbarer Strukturen klar darstellen
  • keinen unnötigen Wechsel der Formate vornehmen
  • zusammengehöriger Informationen räumlich nahe bzw. integriert darstellen
  • Beispiele mit anschließendem Transfer auf komplexe Anforderungen geben
  • inhaltsspezifisches Basiswissens aufbauen

Differenzierungsmöglichkeiten durch Veränderung von Aufgabenmerkmalen

Leuders und Prediger (2016) zeigen Möglichkeiten auf, wie Aufgabenmerkmale und deren gezielte Veränderung, Differenzierungsmöglichkeiten eröffnen. Die Überlegungen von Leuders und Prediger sind zwar primär auf den Mathematikunterricht bezogen, lassen sich aber auch für andere Fächer adaptieren. Sie stellen drei zentrale Aspekte von Aufgaben dar:

  • Verstehensorientierung: fördert die Aufgabe ein tragfähiges Verständnis für den Gegenstand?
  • kognitive Aktivierung: fördert die Aufgabe die aktive, reflektierte Auseinandersetzung mit dem Gegenstand?
  • Differenzierungspotential: welche Eignung weist die Aufgabe für Lernende mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen auf? Welche Möglichkeiten zeigt sie auf? (2016, S. 106ff.)

Diese Aspekte können sowohl bei der gezielten Auswahl von Aufgaben als auch zur Optimierung von Aufgaben genutzt werden.
Folgende Aufgabenmerkmale und deren Differenzierungspotential werden markiert:

Inhaltliche Merkmale
Notwendiges Vorwissen – geforderte Verstehensgrundlagen – Art der Denkprozesse (Anwenden, Problemlösen, Bewerten…)
Eine Differenzierung nach Lernzielen ist möglich.

mögliche Leitgedanken:

  • Passen die Aufgaben zum Vorwissen?
  • Ist die Aktivierung von Vorwissen bei einigen Lernenden nötig?
  • Kann durch eine andere Repräsentation der Aufgabe (Visualisierungen, Verbalisierungen, Darstellung durch Skizzen …) eine Verstehensgrundlage geschaffen werden?
  • Können durch unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten nach dem E-I-S – Modell (enaktiv-ikonisch-symbolisch) differenzierte Lernwege eröffnet werden?

Innere Struktur von Aufgaben

  • Art der Komplexität
  • offene oder geschlossene Aufgabenstellung
  • Vertrautheit des Kontextes/des Aufgabeninhalts
  • sprachliche Komplexität
  • Grad der Konkretisierung
  • Umfang der Wiederholung

Eine Differenzierung nach Niveau und Zugangsweise ist möglich.

Mögliche Leitgedanken:

  • Wie vertraut ist den Lernenden der Kontext/die Situation?
  • Wie kann der Kontext fachlich gehaltvoll bleiben trotz Entlastung der Aufgabe?
  • Können unterschiedliche Zugänge (handelnd, grafisch, symbolisch; E-I-S- Prinzip nach Bruner) geschaffen werden? – Ist die Einbettung basaler Erfahrungen möglich und sinnvoll?
  • Wie komplex ist die Aufgabe? - Welche Komplexität ist lernrelevant? - Wie könnte man Komplexität variieren? (vgl. Zugangsmöglichkeiten durch Leichte Sprache)
  • Wie kompliziert ist die Bearbeitung?
  • Welche sprachliche Entlastung ist möglich? (vgl. Zugangsmöglichkeiten durch Leichte Sprache)

Äußere Struktur von Aufgaben
gestufte oder selbstdifferenzierende oder selbst gewählte oder … Aufgabenformate
Eine Differenzierung nach Zugangsweisen, Lerntempo, unter Berücksichtigung individueller Lernstrategien ist möglich.

Leitgedanken:

  • Kann die Aufgabe geöffnet werden? – Welche neuen Zugangsmöglichkeiten ergeben sich dadurch? - Welche Probleme ergeben sich?
  • Wie kann man durch Anleitung oder Vorstrukturierung die Bearbeitung erleichtern? – Bleibt dabei die kognitive Aktivität erhalten?

Impulse zur Einbettung von Aufgaben in den Unterricht

Die Aufgabe ist eingebettet in eine Lernumgebung, die eine entsprechende Struktur vorhält, die die Aufgabe zur Entfaltung bringen kann.
Folgende Fragen können Impulse geben, die Entwicklungschancen, die mit den Aufgaben verbunden sind, zu nutzen und diese in einer Unterrichtsplanung zusammenzuführen:

  • Was sind wichtige Inhalte bezogen auf den individuellen Lern- und Entwicklungsplan? Welche Themen sind subjektiv bedeutsam? Was sind fundamentale Ideen des Unterrichtsgegenstands, die hier in den Fokus genommen werden können?
  • Was liegt in der Zone der proximalen Entwicklung?
  • Auf welche Fähigkeiten kann aufgebaut werden?
  • Welche Übungsinhalte und –formen werden für den individuellen Fortschritt benötigt?
  • Inwieweit stellt die Aufgabe für die Lerner eine positive Lernherausforderung dar, die sie zur Aufgabenbearbeitung motiviert?
  • Welche Hilfestellung wird den Lernern zur Bearbeitung der Aufgabe zur Verfügung gestellt?
  • Wie wird die in unterschiedlichem Maße benötigte Arbeitszeit angelegt?

Online-Unterstützungsportal zum Referenzrahmen Schulqualität NRW

Im Online-Unterstützungsportal des Referenzrahmens Schulqualität NRW befinden sich unter der Dimension „2.2 Kompetenzorientierung“ unter dem Kriterium 2.2.2 „Lehr- und Lernprozesse sind herausfordernd und kognitiv aktivierend“ aufschließende Aussagen, die zur Konstruktion und Reflexion von Aufgaben zielgerichtete Impulse bieten.

Die Dimension „2.8-Transparenz, Klarheit und Strukturiertheit“ bietet mit den Kriterien „2.8.1-Die unterrichtlichen Prozesse und Inhalte sind für die Schülerinnen und Schüler transparent und klar strukturiert“ und „2.8.2-Instruktionen und Aufgabenstellungen sind klar in Umfang und Komplexität lerngruppenadäquat“ mit den zugeordneten aufschließenden Aussagen weitere Unterstützung zur Gestaltung von Aufgaben und deren Einbettung in Lehr- und Lernprozesse. Im Online-Unterstützungsportal finden sich auf der Registerkarte „Arbeitsmaterialien“ Aufgabenbeispiele aus unterschiedlichen Fächern. Reflexionsbögen für Lehrerinnen/Lehrer, Schülerinnen/Schüler und Schulleitungen können als weitere Arbeitshilfen dienen und weiterführende Links auf Projekte, Portale und Praxisbeispiele liefern anschauliche Beispiele. Literaturhinweise runden das Angebot ab.
Im Online-Unterstützungsportal finden sich auf der Registerkarte „Arbeitsmaterialien“ Aufgabenbeispiele aus unterschiedlichen Fächern. Reflexionsbögen für Lehrerinnen/Lehrer, Schülerinnen/Schüler und Schulleitungen können als weitere Arbeitshilfen dienen und weiterführende Links auf Projekte, Portale und Praxisbeispiele liefern anschauliche Beispiele. Literaturhinweise runden das Angebot ab.

Universal Design for Learning

Das Universal Design for Learning bietet auf der Grundlage der aktuellen Lernforschung Vorschläge zur Gestaltung von Aufgaben, so dass Barrieren für das Lernen abgebaut werden können und das eigentliche Lernen im Mittelpunkt steht. Entsprechend der drei Prinzipien des Universal Design for Learning (UDL) lassen sich diese wie folgt darstellen:
1. Vorhalten verschiedenster Repräsentationsformen um flexible Zugänge zu den Unterrichtsinhalten zu ermöglichen:

  • Bei der Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen werden aktuelle didaktische sowie lern- und entwicklungspsychologische Aspekte berücksichtigt.
  • Lernzugänge und Inhalte sind anschlussfähig.
  • Unterschiedliche Lernzugänge werden entsprechend den Zielen, Inhalten und Lernvoraussetzungen durch Methodenvielfalt und den Einsatz von Medien und Arbeitsmitteln eröffnet.

2. Den Erwerb von Lernstrategien unterstützen: Anbieten verschiedener Möglichkeiten zur Verarbeitung von Informationen und zur Präsentation des eigenen Wissens durch die Lernenden:

  • Die Ziele, Aufgaben und Impulse in Lehr- und Lernprozessen sind herausfordernd.
  • Die Lehr- und Lernprozesse sind so gestaltet, dass sie problemorientiert, anwendungs- und erfahrungsbezogen sind.
  • Lehr- und Lernprozesse gehen von relevanten Problemstellungen aus, insbesondere im Berufskolleg auch von beruflichen Problemstellungen.


3. Verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung stellen, sich engagiert in den Unterricht einzubringen: flexible Möglichkeiten zur Entwicklung und Aufrechterhaltung von Motivation anbieten:

  • Lernzugänge, Lernprozesse und Inhalte sind motivierend und berücksichtigen emotionale Aspekte des Lernens als Grundlage kognitiver Aktivierung.
  • Bei der Gestaltung von Lehr- und Lernprozessen werden aktuelle didaktische sowie lern- und entwicklungspsychologische Aspekte berücksichtigt.
  • Die Lehr- und Lernprozesse sind so gestaltet, dass das Selbstbewusstsein der Lernenden gestärkt, realistische Selbstwirksamkeitserwartungen aufgebaut und zunehmend eigenverantwortliches Lernen entwickelt werden.
  • Es gibt von Leistungsdruck entlastete Lern- und Arbeitsphasen, wie z. B. das Erproben, Experimentieren oder Suchen nach Lösungen.
  • In Lehr- und Lernprozessen wird konstruktiv mit Fehlern umgegangen.

Zugangsmöglichkeiten durch Leichte Sprache

Um die sprachliche und inhaltliche Komplexität von Aufgaben leichter zugänglich zu machen, bietet das Konzept der Leichten Sprache hilfreiche Impulse:

  • wenig Negation, eher positiv formulieren
  • einfacher Satzbau: Verständliche Operatoren verwenden, die am Anfang des Satzes stehen (z.B. Unterstreiche alle…)
  • Strukturierung der Sätze durch Hervorhebungen, Unterstreichungen
  • inhaltsbezogene Absätze, 1 Satz aus einem Gedanken/Aspekt, danach Zeilenumbruch
  • eine Schriftart ohne Serifen verwenden (z.B. Arial)
  • ggf. eine größere Schrift verwenden (Schriftgröße 12 bei Arial)
  • ggf. zur klareren Darstellung einen größeren Zeilenabstand wählen
  • keine Abkürzungen

Welche Impulse für welchen Lerner förderlich wirken und wie diese im Unterricht berücksichtigt werden, legt die Lern- und Entwicklungsplanung fest.

Die Reflexionsimpulse von Uhl und Topalovic (2015) greifen auf Gestaltungsmöglichkeiten der Leichten Sprache zurück und zeigen zur sprachlichen Gestaltung von Lernaufgaben folgende mögliche Linien auf:

  • „Lernaufgaben auf fachliche auf sprachliche Klarheit und Unmissverständlichkeit prüfen;
  • Lernaufgaben durch verständnissichernde Beispiele ergänzen (zur Zielorientierung);
  • Bei Lernaufgaben mit Partikelverben auf die Komplexität des Mittelfeldes achten und die Aufgabe bei Bedarf syntaktisch modifizieren (spezifischer Adressatenbezug); (Beispiel: Schreibe die Verben ab.; …; Schreibe aus dem Text die zusammengesetzten Verben mit dem Wortbaustein weg- ab.)
  • Lernaufgaben syntaktisch modifizieren, so dass einzelne Handlungsanweisungen (Operatoren) durch Hauptsätze zentral herausgestellt werden (spezifischer Adressatenbezug);
  • Lernaufgaben, die zur Textproduktion anregen, vor der Schreibphase mündlich vorbereiten (zur Zielorientierung);
  • Visualisierungen (z.B. Fettmarkierung, Lernplakate) nutzen.“

Literatur und Links

  • Beschreibung eines Kategoriensystems zur Aufgabenanalyse: http://www.uni-tuebingen.de/fakultaeten/wirtschafts-und-sozialwissenschaftliche-fakultaet/faecher/erziehungswissenschaft/abteilungen/schulpaedagogik/aufgabenanalyse/beschreibung-des-kategoriensystems.html [09.07.2017]
  • Ellinger, Stephan (2017): Aufmerksamkeitsförderung durch Advance organizer. in:
    Einhellinger, Christine; Ellinger, Stephan u.a. (Hrsg.): Studienbuch Lernbeeinträchtigung. Band 2: Handlungsfelder und Förderansätze. Oberhausen: Athena. S. 197-218.
  • Feuser, Georg (1989): Allgemeine integrative Pädagogik und entwicklungslogische Didaktik. in: Behindertenpädagogik, 28. Jg., Heft 1/1989: 4-48.
  • Gold, Andreas (2016): Lernen leichter machen – Wie man im Unterricht mit Lernschwierigkeiten umgehen kann. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
  • Heimlich, Ulrich & Kahlert, Joachim (2014): Inklusion in Schule und Unterricht.
    Stuttgart: Kohlhammer.
  • Kleinknecht, Marc, Bohl, Thorsten u.a. (Hrsg.) (2013): Lern- und Leistungsaufgaben im Unterricht. Fächerübergreifende Kategorien zur Auswahl und Analyse. Bad Heilbrunn: Klinkhardt
  • Kuhl, Jan u.a. (Hrsg.) (2016): Evidenzbasierte Diagnostik und Förderung von Kindern und Jugendlichen mit intellektueller Beeinträchtigung.
    Bern: Hogrefe.
  • Leuders, Timo und Prediger, Susanne (2016): Flexibel differenzieren und fokussiert fördern im Mathematikunterricht. Berlin: Cornelsen.
  • Maier, Uwe (2016): Aufgaben – Treibstoff des Unterrichts. in: Pädagogik Heft 12, S. 6-9.
  • Pik-As: http://pikas-mi.dzlm.de/leitideen/aufgaben-adaptieren [14.07.2017]
  • Pitsch, Hans-Jürgen und Thümmel, Ingeborg (2015): Methodenkompendium für den Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Oberhausen: Athena
  • Ritter, Markus, Florian, Merle und Lewandowska, Zuzanna (2016): Qualität von Lernaufgaben in Lehrwerken. in: Materialien für den Englischunterricht. Münster: Waxmann. S. 50-67.
  • Uhl, Benjamin und Topalovi?, Elvira (2015): Lernaufgaben im inklusiven Sprachunterricht. in: Grundschulunterricht Deutsch, Heft 01, S. 15-18.
  • Universität Hildesheim: https://www.uni-hildesheim.de/media/fb3/uebersetzungswissenschaft/Leichte_Sprache_Seite/Leichte_Sprache_Allgemein/Regeln.pdf [21.06.2017]


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