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LK Q2, Unterrichtsvorhaben IX: Und nach dem Abitur? Berufs- und Lebensperspektiven, Formen der Selbstdarstellung im privaten Alltag und Konstruktion von Wirklichkeit in den Medien

Fachdidaktische Idee:

Dieses Unterrichtsvorhaben nimmt Elemente und Motive der verschiedenen Einführungsphasen in den Stufen der Eph und Q1 wieder auf und führt sie zu einem kultursoziologisch inspirierten Abschluss der Q2-Phase zusammen. Die Studierenden entwickeln zu Beginn dieses Unterrichtsvorhabens im geschützten Raum der Schule in einer Ich-Zukunftswerkstatt Perspektiven für ihre weitere Lebensplanung und -gestaltung. Dazu bietet es sich an, dass sie ihr "Leben mit 35 Jahren" - entsprechend der Methoden der Milieuforschung - in einer Collage oder/und in einer Web-Site darstellen.

Die Cluster und Web-Darstellungen lassen sich mit Hilfe der Ergebnisse der Milieuforschung ein- und zuordnen und im Hinblick auf die hinter ihnen stehenden Wertvorstellungen diskutieren. An einem medialen Fallbeispiel kann vertiefend untersucht werden, wie in der Öffentlichkeit Personen aufgebaut und demontiert worden sind.

Bei der Arbeit an den eigenen Profilen ergeben sich notwendig die Fragen, wie die Studierenden ihre Identität und Identitätsdarstellung clustern, welche persönlichen Informationen sie für öffentlich relevant oder veröffentlichungsfähig halten und welche sie auch gegenüber den aktuellen Möglichkeiten des Internets als privat für schützenswert halten. An Facebook- und Google-Beispielen kann vor dem Hintergrund der gezielten Verwertung von privaten Daten im Internet, z.B. der individuell zugeschnittenen Add-on-Werbung, eine solche Kontroverse vertieft werden.

Die Studierenden können erarbeiten, wie sie ihre Identität in eher privaten Zusammenhängen (z.B. Liebesbrief, Internet-Partner-Vermittlungen) darstellen würden. Sie entwickeln zu ihren beruflichen Perspektiven u.a. mit Hilfe von Informationen aus dem Internet Studien- und Berufsprofile.

In Fortsetzung der Zukunftswerkstatt können die Studierenden die eigenen Lebensentwürfe im Hinblick auf deren Verwirklichungschancen kritisieren und mit Hilfe des Bourdieuschen Kapitalbegriffs eigene Strategien zum Aufbau geeigneter Aufwertungsmöglichkeiten, z.B. durch Bildung und Teilhabe am gesellschaftlich relevanten Wissen entwerfen.

Übergeordnete Kompetenzen:

Sachkompetenz

- erklären komplexe soziologische Modelle und Theorien im Hinblick auf Grundannahmen, Elemente, Zusammenhänge und Erklärungsleistung (SK 3),

- stellen Anspruch und Wirklichkeit von Selbstbestimmung, Kooperation und Partizipation in gesellschaftlichen Prozessen dar (SK 4),

- analysieren Erscheinungsformen, Ursachen und Auswirkungen verschiedener Formen von Ungleichheiten (SK 6).

Methodenkompetenz

- stellen themengeleitet komplexere soziologische Fallbeispiele und Probleme in ihrer empirischen Dimension und unter Verwendung passender soziologischer Fachbegriffe, Modelle und Theorien dar (MK 6),

- setzen selbstständig mediale Formen der Veranschaulichung und Dokumentation sozialer Phänomene ein (MK 10),

- ermitteln - auch vergleichend - Prämissen, Grundprinzipien, Konstruktion sowie Abstraktionsgrad und Reichweite soziologischer Modelle und Theorien und überprüfen diese auf ihren Erkenntniswert (MK 12),

- analysieren die soziokulturelle Zeit- und Standortgebundenheit des eigenen Denkens, des Denkens Anderer und der eigenen Urteilsbildung (MK 19).

Urteilskompetenz

- beurteilen politische, soziale und ökonomische Entscheidungen aus soziologischer Perspektive (UK 2),

- erörtern die gegenwärtige und zukünftige Gestaltung von gesellschaftlichen Strukturen und Prozessen unter den Kategorien der Funktionalität und Legitimität sowie ihres Verhältnisses zur Tradition (UK 4),

- ermitteln eigenständig die jeweiligen Prämissen von Position und Gegenposition (UK 6).

Handlungskompetenz

- praktizieren selbstständig Formen demokratischen Sprechens und demokratischer Aushandlungsprozesse und übernehmen dabei Verantwortung für ihre Sprechhandlungen (HK 1),

- entwerfen für diskursive, simulative und reale soziale Handlungssituationen komplexe und eigenständige Handlungspläne und übernehmen fach-, situationsbezogen und adressatengerecht die zugehörigen Rollen (HK 2),

- nehmen in diskursiven, simulativen und realen sozialwissenschaftlichen Aushandlungsszenarien einen Standpunkt ein und vertreten eigene Interessen in Abwägung mit den Interessen anderer (HK 4).

Inhaltsbezug:

Inhaltsfelder:

IF 4 Normierungen und Wertorientierungen

IF 5 Wandel sozialer Organisationen und Institutionen

IF 7 Soziologische Dimensionen der Kultur

IF 6 Soziale Ungleichheit und soziale Sicherung

Inhaltliche Schwerpunkte:

- Identitätsbildung

- Wandel der Lebensformen

- Wandel der Betriebs- und Arbeitsorganisation

- Medien, Kommunikation und Öffentlichkeit

- Macht und soziale Kontrolle

- Chancen sozialer und kultureller Teilhabe

- Erscheinungsformen und Auswirkungen sozialer Ungleichheit

- Modelle und Theorien gesellschaftlicher Ungleichheit

Vorhabenbezogene Konkretisierung:

Thema /  Problemfragen

Fachdidaktische Ideen / Inhalte des Lern- und Arbeitsprozesses

Diagnostik / Methoden der Lernevaluation

Kompetenzen, zugleich Evaluationsindikatoren

Die Studierenden …

Materialien

Sequenz 1: Und nach dem Abitur? Eine Ich-Zukunftswerkstatt; Mein Leben in 10 Jahren. Cluster und Web-Präsentation

- Was stört mich an meinem aktuellen Leben in meiner Gesellschaft? Welche negativen Entwicklun­gen in der Gesellschaft mache ich aus?

- Wiederaufnahme der Fragen aus UV 1 Q1.

- Blick in die "Glaskugel": Wie sehe ich mich in 10 Jahren?

- Mit Hilfe einer Kartenabfrage und der anschließenden öffentlichen Vorstellung im Kurs-Forum gehen sie auf Distanz zu ihrem Alltag und formulieren analog zur Kritikphase einer Zukunftswerkstatt eine Kritik ihres Alltagslebens negative soziale Utopien,

- die Karten werden kategoriell geclustert,

- Collagen und / bzw. Web-Präsentation werden individuell erstellt und im Kurs vorgestellt.

- Selbstdarstellungen werden mit Hilfe der Typen des SINUS-Milieu-Modells überprüft, ggf. typisiert.

(Ausgangs-)Diagnostik:

- Vorstellungen der Studierenden über Störungen, Ängste in ihrem aktuellen Alltagsleben und problematische gesellschaftliche Tendenzen.

Diagnostik-Hypothesen:

- hoher emotionaler Verwicklungsgrad
- hoher Grad von Selbstreflexivität
- Differenzierung nach milieuspezifischen Lebensphilosophie-Typen,

- sehr unterschiedliche technische Fertigkeiten der S. und heterogene milieuspezifische Darstellungen

Evaluation:

- Wie weit sind soziologische Zuordnungskonzepte wie das Milieumodell von SINUS den Studierenden zur Einordnung verfügbar?

Konkretisierte Kompetenzen:

- analysieren an Beispielen Möglichkeiten eines eigenen Lebens in einer enttraditionalisierten, beschleunigten und globalisierten Welt durch Strategien ästhetischer Selbststilisierung (SK IF 7), lebensstilbezogener Bildung sozialer Gruppen und Ausbildung einer Patch-Work-Identität (SK IF 7),

- erläutern Grundvorstellungen, Einordnungskriterien und Prämissen von Modellen und Theorien zur Beschreibung und Erklärung vertikaler und horizontaler sozialer Ungleichheit (SK IF 6),

- beurteilen die Reichweite von Modellen sozialen Wandels und sozialer Ungleichheit im Hinblick auf die Abbildung von Wirklichkeit und ihren Erklärungswert (UK IF 6).

Übergeordnete Kompetenzen:

- analysieren die soziokulturelle Standortgebundenheit des eigenen Denkens, des Denkens anderer und der eigenen Urteilsbildung (MK 19).

Kritikkarten

Collagen / Webdarstellungen

SINUS-Collagen.

Sequenz 2: Wie öffentlich bin ich oder will ich sein?

- Was bedeutet für mich "Privatsphäre"?

- Welche Bedeutung hat für mich Öffentlichkeit" und "öffentliches Handeln“?

- Welche rechtlichen und grundrechtlichen Konzepte regeln Privatheit und öffentliches Handeln?

- Ausgehend von den eigenen Präsentationen und der Einordnung in Milieus als "Gemeinschaften von Gleichgesinnten" wird die Frage nach Privatheit und öffentlicher Existenz aufgerufen und mit Hilfe der Fachkonzepte von Privatheit und Öffentlichkeit vertieft,

- an Fallbeispielen aus sozialen Medien wie Facebook, Twitter usw. und der Arbeitsweise der Geheimdienste wird der Umgang mit Privatheit und Intimität in medialen Zusammenhängen erörtert.

Diagnostikhypothesen:

- starkes emotionales Bedürfnis nach Absicherung und Aufgehobensein in Privatheit und Intimsphäre,

- vermutliches misconcept: die Sphäre des Öffentlichen folgt Normen und Werten der Privatheit.

Konkretisierte Kompetenzen:

- erläutern Unterschiede zwischen privaten und öffentlichen Handlungssituationen (SK IF 7),

- erläutern Möglichkeiten und Formen von Kommunikation, Selbstdarstellung und Partizipation im Internet, u.a. in sozialen Netzwerken (SK IF 7),

- erörtern die Vermischung privater und öffentlicher Formen von Kommunikation in den digitalen Medien unter den Kriterien veränderter Selbstdarstellungsmöglichkeiten und dem Risiko von Kontrollverlust (UK IF 7).

Selbstdarstellungen, milieuspezifische Selbstdarstellungen des SINUS-Instituts,

Grundgesetz,

Strafgesetzbuch.

Sequenz 3: Wie können in der Öffentlichkeit Bilder von Personen konstruiert und dekonstruiert werden?

- Erst aufgebaut, dann übel mitgespielt - Wer in die Öffentlichkeit geht …

- Analyse eines Fallbeispiels (z.B. Fall Wulff, Fall Hoeneß) - Öffentliche Inszenierung der Aufwertung und des Aufstiegs und des Skandals.

Konkretisierte Kompetenzen:

- analysieren ein mediales Fallbeispiel im Hinblick auf die Ausübung von Macht und Kontrolle durch die Medien (SK IF 7).

Medienauszüge.

Sequenz 4: Wie entwerfe ich meine privaten und beruflichen Perspektiven?

- Welche konkreteren Lebensperspektiven habe ich im Hinblick auf die Berufswahl und die Wahl meiner Lebensformen?

- Wie sehen dazu konkrete Studien-, Berufsbilder und Lebensfomen-Bilder aus?

- Welche Qualifikationen, Handlungs-, Rollen- und Berufsprofile gehören dazu?

- Ausgehend von den eigenen Präsentationen werden konkrete angestrebte Lebensformen und Berufssituationen bestimmt,

- Recherche von für die Studierenden bedeutsamen Studienprofilen und Berufsbildern,

- Entwurf und Durchführung einer kursweiten bzw. kursübergreifenden Erhebung zu gewünschten Lebensformen

- deren Vorstellung und Analyse.

- Überprüfungsform für ausgewiesene Kompetenzen

Konkretisierte Kompetenzen:

- erheben und vergleichen Vorstellungen über und Erwartungen an Formen des Zusammenlebens (SK IF 5),

- erläutern den Wandel von Arbeitsformen und Berufsstrukturen im Hinblick auf dessen Ursachen (SK IF 5),

- analysieren Zukunftsvorstellungen junger Männer und Frauen im Hinblick auf mögliche Typologien u.a. geschlechtsspezifische Lebensentwürfen und deren Freiheitsspielräume sowie deren Norm- und Wertgebundenheit (SK IF 4).

Internet,

Jobcenter, Universitäten

Sequenz 5: Wie sind meine Chancen zur Selbstverwirklichung - welche Kapitalien-Ressourcen kann ich dafür aktivieren? Was kostet mich was?

- Wie realistisch sind meine eigenen Zukunftsentwürfe?

- Über welche dazu notwendigen Ressourcen verfüge ich bereits, welche "Kapitalien" fehlen mir?

- Wie kann ich sie erwerben oder substituieren?

- Was kostet mich das?

- Analyse und Vergleich der ermittelten beruflichen und lebensformspezifischen Anforderungssituationen mit dem eigenen persönlichen Ressourcenprofil, Identifizierung der Zwänge des "eigenen Lebens". Dazu Abgleich mit U. Becks Konzepten des "eigenen Lebens" und entwickelter Selbstreflexivität,

- Abgleich des eigenen Ressourcenmodells mit Bourdieus Begriff ökonomischer, kultureller, sozialer und symbolischer Kapitalien

- Analyse und Beurteilung von individuellen Freiheitsgraden, Entwicklungschancen und Partizipationsmöglichkeiten

Diagnostikhypothese:

- Illusionen zu dem Verhältnis von Wunschentwürfen und Realisierungsmöglichkeiten,

- Überprüfungsform für ausgewiesene Kompetenzen

Konkretisierte Kompetenzen:

- bewerten unterschiedliche Zukunftsentwürfe von Jugendlichen sowie jungen Frauen und Männern im Hinblick auf deren Originalität, Normiertheit, Wünschbarkeit und Realisierbarkeit (UK IF 4),

- analysieren an Beispielen Möglichkeiten eines eigenen Lebens in einer enttraditionalisierten, beschleunigten und globalisierten Welt (SK IF 7),

- analysieren mithilfe des Erklärungskonzepts des kulturellen Kapitals und anderer Kapitalienbegriffe fallbeispielhaft Möglichkeiten sozialer und kultureller Teilhabe (SK IF 7),

- bewerten Formen eines eigenen Lebens unter den Kriterien der Zugangsmöglichkeiten und möglicher Freiheitsgrade (UK IF 7),

- bewerten den Aufbau und Einsatz sozialen, ökonomischen, symbolischen und kulturellen Kapitals für die eigene und die gesellschaftliche Entwicklung (UK IF 7).

Übergeordnete Kompetenzen:

- analysieren die soziokulturelle Standortgebundenheit des eigenen Denkens, des Denkens anderer und der eigenen Urteilsbildung (MK 19).


Zeitbedarf: 20 Stunden

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