Didaktischer Hintergrund: Rituale im Religionsunterricht

Baut Kindern eine aus Orten, Zeiten und Gesten bezeichnete Welt; diese bezeichnete Welt wird sie die ersten Wichtigkeiten lehren. Die erste Empfehlung für die frühe religiöse Erziehung von Kindern ist nach Fulbert Steffensky.

Ein offener Religionsunterricht, der vielfache, ganzheitliche Erfahrungsräume aufschließt, ist nur möglich, wenn den Kindern viel Freiheit zur Entfaltung und für individuelle Primärerfahrungen ermöglicht wird. Diese Freiheit muss organisiert werden, damit sich Kreativität, Spontaneität, Offenheit, aber auch Innehalten und Stille entwickeln können. Dafür benötigen die Kinder auch im Religionsunterricht Rituale.

Rituale sind verinnerlichte Abläufe, die Kindern Sicherheit und Orientierung bieten. Sie entlasten den Unterricht, diesen ständig neu ordnen zu müssen. Daneben haben Rituale eigene Symbolkraft. Diese symbolischen Elemente verweisen auf Sinnebenen außerhalb der Situation und der rein sprachlichen Darstellung. So werden sie verstanden und auf sich übertragen, ohne Erklärung oder Rechtfertigung.
Rituale stiften Traditionen in der Klasse und fördern damit die Auseinandersetzung mit der eigenen Tradition und leisten so einen Beitrag, diese zu erfahren und sich mit ihnen zu identifizieren.

Rituale eignen sich v. a. dafür, Kindern Erfahrungen zu eröffnen, denen sie in ihrem Alltag kaum begegnen:
Rituale sollten gemeinsam mit den Kindern entwickelt oder ihre Bedeutung ihnen transparent gemacht werden. Nur so können die Kinder sie „in Besitz nehmen“ und sich in ihnen wiederfinden.
Zudem sollten Rituale als „demokratische Einrichtung“ (Hauke Piper, 1996) verstanden werden, die nicht starre Gebilde, sondern veränderbare Elemente sind. Sie sollten der ständigen Reflexion unterzogen werden, damit es vermieden wird, dass Rituale zu einer „leeren Hülle“ verkommen, die die Gruppe überlebt haben und ihren eigentlichen Sinn nicht mehr erfüllen.

Im Religionsunterricht kommt Ritualen besondere Bedeutung zu; die Kinder mehrerer Klassen treffen sich zweimal in der Woche zum evangelischen Religionsunterricht, z. T. gibt es Spannungen zwischen den Klassen.
Rituale können die Gemeinschaft in der Religionsgruppe fördern, zu einer entspannten Lernatmosphäre beitragen und beziehungsstiftendes Lernen ermöglichen.

Man unterscheidet verschiedene Arten von Ritualen, beispielsweise Unterrichtsrituale, Ordnungsrituale, Gemeinschaftsrituale und Rituale als Symbolhandlungen. Sie alle verfolgen jedoch das gleiche Ziel, nämlich die o. g. Erfahrungen zu initiieren. So kann z. B. das Singen eines Liedes als
eingesetzt werden. Weil die Grenzen der Zugehörigkeit nicht klar zu ziehen sind, werden einige Rituale ungegliedert aufgelistet, die sich zur Ein- und Umsetzung im Religionsunterricht eignen:

Material: Anregungen, wie man viele Rituale für den Religionsunterricht konkret nutzen und verbinden kann, gibt Rüdiger Maschwitz in seinem Artikel „Rituale für Lehrer und Lehrerinnen“ (v. a. der Abschnitt „Klage – Dank – Freude – ein Ritual im Religionsunterricht“) in Praxis Grundschule 1/98.

Weitere Literatur: