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Leitfragen zur Schulentwicklung

1. Aufdecken und Beseitigen von Barrieren

Sind der Schule psychische Barrieren (z. B. Versagensängste, depressive Stimmungen, unzureichende Kompetenzen im Umgang mit anderen) bekannt, die eine erfolgreiche Einbindung des Schülers in Unterricht und Lernalltag erschweren?

In Justins Fall musste zunächst dafür gesorgt werden, dass der Junge durch positives Feedback wieder anstrengungsbereit und lernwillig wurde. In den vorher von ihm besuchten Schulen erzeugte sein Verhalten latente und offene Ablehnung. Seine Schulleistungen wurden oftmals negativ bewertet und er selbst war überzeugt davon, keine wertvollen Beiträge bringen zu können. Hilfreich war im konkreten Fall die Überlegung, Justin mit verantwortungsvollen Aufgaben zu betrauen. Beispielsweise begleitete er kranke Schüler zur „Krankenstation“, unterstützte in einzelnen Unterrichtssituationen lernschwächere Schülerinnen und Schüler und äußerte sich im neu installierten Klassenrat zu konfliktreichen Situationen. Dabei zeigte sich die Wichtigkeit des Einhaltens der einzelnen Elemente des Klassenrats („Positive Runde“, „Rückschau“, „Themensammlung“) und der allgemeinen Regeln, etwa das Schildern von Problemen in der Ich-Form.

2. Architektur/Raumkonzept/Schulhofgestaltung

Wie können durch Ablagemöglichkeiten entsprechend der individuellen Strukturierungs- und Ordnungsfähigkeiten der einzelnen Kinder und Jugendlichen gestaltet werden?

Um zu gewährleisten, dass äußere Umstände die individuellen Lernmöglichkeiten von Justin nicht einschränken, wurde von Anfang an ein Ablageprinzip mit persönlichen Fächern und Ordnern für unterschiedliche Fächer eingerichtet. Dieses Vorgehen ist selbstverständlich nicht nur für Schülerinnen und Schüler hilfreich, die Schwierigkeiten im emotional-sozialen Verhalten aufweisen. Begünstigend wirkt sich aus, wenn man gleich zu Beginn der neu entstehenden Klasse ritualisierend dafür sorgt, dass bei der Materialbesorgung im Klassenraum bestimmte Ordnungsregeln gelten, wie etwa das Beachten einer Reihenfolge beim Aufstehen vom Platz, beim Transport von Büchern und Ordnern und beim Ablegen von nicht benötigten Materialien. Das Einüben dieser Rituale kann gut in spielerischer Form erfolgen und setzt sich dann bei den Kindern als normaler Arbeitsalltag fest. In Justins Fall zeigte sich, dass die äußere Organisationsstruktur wesentlich zu einer inneren Festigung beitrug.

3. Rückzugsmöglichkeiten, Anlaufstellen bei belastenden Konflikten oder Problemen

Bietet die Schule eine Anlaufstelle für Eltern/Erziehungsberechtigte und Schülerinnen und Schüler, wo in unbelasteter Atmosphäre über Anliegen und Probleme gesprochen und Konflikte respektvoll geklärt werden können?

Die hier erwähnte „Anlaufstelle“ kann eine dritte Person sein, die im Konfliktfall diplomatisch unterschiedliche Positionen kommunizieren kann. Im Fall von Justin war dies insbesondere die Schulsozialarbeiterin, die intensive Gespräche mit der Mutter und Justin führte, um zunächst ein Grundvertrauen aufzubauen. Beispielsweise wurden Beratungs- und Unterstützungsangebote gemacht, auf die die Mutter unmittelbar zugreifen konnte. Darüber hinaus zeigte sich, dass auch die intensive Elternberatung, etwa durch Einladungen der Mutter zu Teamgesprächen (Klassen- und Kernfachlehrer und Sonderpädagoge), zu positiven Entwicklungen beitrug. Dies geschah bei Problemen meistens zeitnah, um schnelle und konsequente pädagogische Interventionen zu ermöglichen. Bei längerfristigen Überlegungen, etwa bei der Diskussion rund um aktuelle Förderpläne (Schwerpunktsetzung), konnte hingegen mehr Planungszeit verwendet werden.

4. Sozialraumorientierung/Vernetzung mit dem außerschulischen Umfeld

Inwiefern kann Schule als „Lebensraum“ zu einer positiven Unterstützung für Schülerinnen und Schülern mit Verhaltensauffälligkeiten beitragen?

Schule trägt ganz allgemein zu einer Rhythmisierung und Strukturierung des Alltags von Schülerinnen und Schülern bei, indem sie Zeitvorgaben macht und Lernräume zuordnet. Diese Organisationselemente beziehen sich insbesondere auf den Unterricht. Jedoch bieten sich im Rahmen des Ganztags weitere Chancen, etwa durch die Möglichkeit der Kommunikation in Situationen des gemeinsamen Spiels oder Essens. Von Klasse 5 an, wurde dazu ermuntert, gemeinsam im Klassenverband Mittag zu essen. Für viele Schülerinnen und Schüler, so auch für Justin, war dies eine neue Erfahrung. Das gemeinsame Sitzen am Tisch fiel insgesamt nicht leicht, jedoch bildete sich recht bald auch ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit aus. So konnten gemeinsame Mahlzeiten und der ansprechende Raum (die neue Schulmensa) auch genießend wahrgenommen werden.

5. Gelingende Kommunikation in einer heterogenen Schule

Wie sehen Unterstützungsangebote zum Erwerb angemessener Ausdrucks- und Umgangsformen aus?

Das soziale Miteinander kann eingeübt werden, indem das Austragen von Konflikten in „Form“ gebracht wird, etwa durch spielerische Elemente im Sportunterricht (z. B. „Ringen und Raufen“). Weiter verstärkt wird dieses sozial adäquate Verhalten durch die in höheren Jahrgängen einsetzende Berufsorientierung. So musste Justin z. B. Vorstellungsgespräche bei potenziellen Arbeitgebern einüben (Training mit einem pensionierten Personalchef) und Tischumgangsformen in Restaurants simulieren. Bei nicht angemessenem Verhalten wurde Justin die Möglichkeit gegeben, das eigene Tun zu überdenken und beispielsweise Kriterien geleitet schriftlich zu reflektieren.

6. Beratung

Finden in der Schule kollegiale Fallberatungen statt, durch die die Eigenverantwortlichkeit und das Selbsthilfepotential der Beteiligten gestärkt werden?

Zur Unterstützung und pädagogischen Reflexion haben sich Klassen- oder Jahrgangsteams bewährt, die mit allen Beteiligten auch über individuelle Situationen einzelner Schülerinnen und Schüler beraten können. Insbesondere kollegiale Fallbesprechungen können das Handlungsrepertoire der pädagogischen Fachkräfte erweitern und sie persönlich stärken. Bezogen auf aktuell auftretende Schwierigkeiten ist die Teambesprechung auch der Rahmen, in dem Schülerinnen und Schüler, die besondere Probleme haben,  persönlich beraten werden. Gemeinsam wird hier versucht auf der Grundlage eines gemeinsam erstellten Förderplanes, zielorientiert zu arbeiten, etwa indem definiert wird, welche Verhaltensweisen (beispielsweise das motivierte Mitarbeiten in einem Fach oder bei einem bestimmten Kollegen/einer bestimmten Kollegin) wünschenswert sind und in nächster Zeit besonders in den Fokus rücken sollten.

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