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Lesen im Fach Geschichte

Auf den folgenden Seiten finden Sie Informationen zum Lesen im Fach Geschichte. Die Teilbereiche befassen sich mit dem Lesen von Darstellungen und Quellen, liefern Informationen zu den sprachlichen Besonderheiten und bieten Hilfestellungen, wie das Leseverstehen der verschiedenen historischen Textgattungen gefördert werden kann. Schließlich werden die Möglichkeiten der Förderung des Leseverstehens anhand von Schulbuchseiten exemplifiziert.

Welche Anforderungen stellen Quellen und Darstellungen an Lernende?

Die Herausforderung für Lernende Sachtexte zu verstehen, ist kein Alleinstellungsmerkmal des Geschichtsunterrichts. Um die Schülerinnen und Schüler zu unterstützen, Lesestrategien zu nutzen, ist es aber erforderlich sich mit den spezifischen Merkmalen von Geschichtstexten auseinanderzusetzen, um Leseaufgaben zu erstellen. Dabei wird in der Regel der  Quellenarbeit mehr Aufmerksamkeit gewidmet als der Erschließung von Darstellungs- bzw. Verfassertexten, die in Schulbuch-Aufgaben häufig lediglich paraphrasiert werden sollen.

Unterschiedliche Studien in der englischsprachigen Geschichtsdidaktik haben sich mit dem Umgang von Schülerinnen und Schülern mit historischen Quellen und Darstellungstexten beschäftigt. Darin hat sich u.a. gezeigt, dass Lernende die Schulbuchtexte als zuverlässigste Informationsquelle bewerten. Die Autoren wurden als glaubwürdig, die Inhalte als wertneutral wahrgenommen. Demgegenüber erscheinen Quellen den Schülerinnen und Schülern oft als unzuverlässig, tendenziös oder parteiisch. Diese Einstellungen vorausgesetzt fällt es Schülerinnen und Schülern leichter, Quellen zu hinterfragen als Darstellungstexte. Daraus lässt sich ableiten, dass besonders Verfassertexte bzw. Darstellungen zu historischen Ereignissen kritischer gelesen werden müssen. Quellen als Repräsentationen vergangener sprachlicher Sinnbildungsprozesse stellen besondere Herausforderungen dar. Jedoch sind sie als Ausgangspunkt für gegenwärtige Sinnbildungen durch Darstellungen weniger dynamisch als letztere. Historische Darstellungen aktualisieren im jeweiligen zeitlichen Kontext die Bedeutung von Begriffen ständig neu, weshalb die folgend genannten herausfordernden Begriffsbildungen noch eingehender untersucht und kritisch diskutiert werden müssen.

Welche sprachlichen Merkmale haben Darstellungstexte im Geschichtsunterricht?

Darstellungstexte bzw. Verfassertexte narrativieren historische Begebenheiten und Ereignisse. Die Darstellung der Begebenheiten und Ereignisse ist nicht immer chronologisch linear, also im Sinne einer Abfolge, beschrieben. Kernaussagen zu historischen Begebenheiten und Ereignissen werden mit mehreren Sätzen dargestellt, wobei nicht alle Sätze für das Verstehen der Kernaussage gleich bedeutsam sind. Dadurch erfordern Darstellungstexte von den Lesenden hohe Abstraktions- und Konkretisierungsleistungen. Dies liegt nicht zuletzt an den verwendeten Fachbegriffen.

Aus folgenden Gründen sind historische Begriffsbildungen eine Herausforderung für Lernende:

  • Symbolische Begriffe (Eigennamen von Personen, Orten, Bauwerken): formallogisch sind dies gar keine Begriffe;
  • Gegenstands- und funktionsbezogene Begriffe (Patrizier, Konsul, Kloster, Manufaktur): die Bedeutung erschließt sich nicht sofort, sondern ist sehr abstrakt;
  • Begriffe, die komplexe Funktionszusammenhänge bezeichnen (Stadt, Kolonie, Nation): hohe Verdichtung von Informationen, die nur nach und nach entschlüsselt werden können;
  • Begriffe, die Geschehenszusammenhänge bezeichnen (Investiturstreit, Wiener Kongress, Epochenbezeichnungen): komplexe Zusammenhänge werden hier verdichtet, indem bestimmte Elemente heraus- oder hervorgehoben werden;
  • Deutungsbegriffe (Feudalismus, Imperialismus, Emanzipation): hier liegen keine Beobachtungen oder Verallgemeinerungen zugrunde, sondern es sind rein gedankliche Konstruktionen.

Die aufgeführten sprachlichen Merkmale gelten auch für historische Quellen, liegen dort in der Regel jedoch weit weniger verdichtet vor.

Eine eigene Kategorie bilden Quellen und Darstellungstexte aus dem Internet. Ihre Auswertung und kritische Prüfung kann mit Hilfe einer Prüftabelle für Internetquellen (PDF, 164KB) (Besonderheiten digitaler Quellen, S. 3) geschehen.

Literatur und Unterrichtsideen zum historischen Begriffslernen

  • Sauer, Michael (2021): Machtergreifung? Machtübernahme? Machtübertragung? Anregungen zur Begriffsarbeit (Geschichte Lernen 203, S. 10f.)
  • Barricelli, Michele (2019): Sprache und interkulturelles Geschichtslernen. Eine diversitätssensible Annäherung. In: Bertram, Christiane/Kolpatzik, Andrea (Hrsg.): Sprachsensibler Geschichtsunterricht. Von der Theorie über die Empirie zur Pragmatik. Frankfurt/M.: Wochenschau, S. 25-42.
Beispiele für Leseaufgaben
  1. Beispiel anhand einer Schulbuchseite zur Demokratieentwicklung im antiken Athen

    Hier wurden die abgedruckten Leseaufgaben um diejenigen ergänzt, die Teilziele aus dem PISA-Modell bedienen:

    Indem Lehrkräfte die gedankliche Herangehensweise an Texte, (Lese-)Aufgaben, kurz: an Schulbuchseiten mit den Lernenden teilen, erleichtern sie die Arbeitsphasen immens. Wie so eine monologisierende „Veröffentlichung“ der Bearbeitung der obigen Leseaufgaben gelingen kann, zeigt folgendes Video:

  2. Beispiel anhand einer Schulbuchseite zur Königserhebung Ottos I.

    Auch hier wurden Leseaufgaben und –impulse ergänzend eingearbeitet, damit die Teilziele aus dem PISA-Leseverstehen-Modell erreicht werden können:

Wie kann der Leseprozess unterstützt werden?

Der Leseplan unterteilt der Leseprozess in die Phasen vor, während und nach dem Lesen, um den Schülerinnen und Schüler Orientierung zu geben. Ein besonderer Fokus wird hier auf das Vorwissen gelegt. Durch die Aktivierung ihres bereits vorhandenen Wissens zu Texten und/oder fachlichen Inhalten bilden die Lernenden Leseerwartungen aus und formulieren Leseziele. Welche konkreten Fragen den Lernenden helfen können und welche Schrittfolge vom ersten Betrachten der Quelle bis hin zum gezielten Lesen ratsam ist, bildet der Leseplan ab.

Verwendete Literatur
  • Bernsen, Daniel (2017): Arbeiten mit digitalen Quellen im Geschichtsunterricht. In: Bernsen, Daniel/Kerber, Ulf (Hrsg.): Praxishandbuch Historisches Lernen und Medienbildung im digitalen Zeitalter. Budrich: Bonn, S. 295-303.
  • Langer-Plän, Martina/Beilner, Helmut (2006): Zum Problem historischer Begriffsbildung. In: Hilke Günther-Arndt & Michael Sauer (Hrsg.): Geschichtsdidaktik empirisch. Untersuchungen zum historischen Denken und Lernen. Berlin: Lit. S. 215-250.
  • Rohlfes, Joachim (2005): Geschichte und ihre Didaktik. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
  • Rosebrock, Cornelia/Nix, Daniel (2007): Grundlagen der Lesedidaktik und der systematischen schulischen Leseförderung. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren, S. 39.
  • Sauer, Michael (2015): Begriffsarbeit im Geschichtsunterricht (Geschichte Lernen 168), S. 2-11.
  • Zeiten und Menschen 1 (2015). Geschichtswerk für das Gymnasium (G8). Nordrhein-Westfalen. Schoeningh.
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