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Kooperatives Lernen

Kooperative Lernprozesse sind dadurch gekennzeichnet, dass eine Gruppe von Lernern (in der Regel 3-6 Personen) in unmittelbarer Abhängigkeit voneinander an einer gemeinsamen Aufgabe arbeitet. Der Arbeitsanteil eines jeden ist notwendig, um die gemeinsame Aufgabe erfolgreich zu bewältigen. Jedes Mitglied einer kooperativen Lerngruppe ist zum einen individuell für ihren/seinen Beitrag verantwortlich und zum anderen für das Arbeitsergebnis der Gruppe. Eine intensive und zielgerichtete Kommunikation kennzeichnet den gemeinsamen Arbeitsprozess.
Das Kooperative Lernen ist nicht als Methode zu verstehen, sondern als eine Grundstruktur des Unterrichts, die dadurch gekennzeichnet ist, dass den Lernenden möglichst selbstständig zu gestaltende Lernprozesse zugetraut werden, die die Lehrkraft durch das Maß an Prozessgestaltung unterstützt, welches von den Lernenden zur Umsetzung ihres Auftrages benötigt wird. Die immer gleichbleibende Grundstruktur kooperativer Lernprozesse mit klaren Regeln der Zusammenarbeit bietet auch für Schülerinnen und Schüler, die ein höheres Maß an Unterstützung für den eigenen Lernprozess benötigen, eine sichere Lernatmosphäre, die vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten bietet.

Online-Unterstützungsportal zum Referenzrahmen Schulqualität NRW

Folgende Dimensionen des Inhaltsbereiches 2 „Lehren und Lernen“ des Referenzrahmes Schulqualität NRW bieten Qualitätsaussagen, die zur Konzeptionierung des Kooperativen Lernens unterstützend wirken können:

„2.6 – Schülerorientierung und Umgang mit Heterogenität“

„2.2 – Kompetenzorientierung“

„2.8 – Transparenz, Klarheit und Strukturiertheit“.

Im Online-Unterstützungsportal zum Referenzrahmen Schulqualität NRW befinden sich zu diesen Kriterien, Arbeitsmaterialien, Reflexionsbögen für Lehrerinnen/Lehrer, Schülerinnen/Schüler und Schulleitungen. Weiterführende Links auf Projekte, Portale und Praxisbeispiele liefern anschauliche Beispiele. Literaturhinweise runden das Angebot ab.

Die kommunikative Grundstruktur kooperativer Lernprozesse ist ein Vorgehen entsprechend THINK-PAIR-SHARE. In der THINK-Phase arbeitet der Lerner individuell und selbstverantwortlich an einer Aufgabe. Auf der Grundlage seines Vorwissens stellt er individuelle Verknüpfungen zu den neuen Informationen aus der Aufgabe her und entwickelt eine Lösung. Diese kommuniziert er/sie dann in der PAIR-Phase mit einem anderen Lerner. Diese Phase schafft nochmal neue Wissensstrukturen, da zwei unterschiedliche Perspektiven miteinander in Beziehung gesetzt werden. Eventuelle Verständnisprobleme können durch das gegenseitige Erklären ausgeräumt werden. In der abschließenden SHARE-Phase im Klassenplenum werden alle Ergebnisse präsentiert, miteinander abgeglichen und das Ergebnis und der soziale Prozess der Zusammenarbeit evaluiert.
„Kooperatives Lernen bindet Lernende in einen aktiven, schülerzentrierten Lernprozess ein, der Problemlösungs- und Weiterbildungsstrategien entwickelt, die nötig sind, um die Herausforderungen des Lebens und des beruflichen Weiterkommens in unserer zunehmend komplexen Welt zu bewältigen.“ (Green, Norm und Green, Kathy 2007, S. 32)
Kooperative Lernprozesse sind durch zentrale Basiselemente gekennzeichnet, die in ihrem Zusammenspiel den markanten Unterschied zu anderen Formen der Gruppenarbeit markieren:

Basiselemente


1. Eine Positive Abhängigkeit der Gruppenmitglieder
kommt dadurch zum Ausdruck, dass die Lernenden wechselseitig für den Erfolg des Lernprozesses verantwortlich sind. Die Struktur der Ziele beinhaltet, dass sich jeder Lerner sowohl um seine eigenen als auch die der anderen Gruppenmitglieder kümmert. So fördern zum Beispiel Rollenzuweisungen (Zeitwächter, Schreiber…), Arbeitsteilung sowie die Begrenztheit des Arbeitsmaterials die Ausprägung dieser Kompetenz.
2. Jeder Lerner besitzt individuelle Verantwortlichkeit
für sein eigenes Lernergebnis und das der Gruppe. Der individuelle Beitrag am Gesamtergebnis bleibt sichtbar und jedes Mitglied einer Gruppe muss am Ende das Gruppenergebnis präsentieren können.
3. Es gibt ein regelmäßiges Feedback
zum individuellen Lernfortschritt und dem der Gruppe. Die Gruppe bewertet auch die Zusammenarbeit ihrer Mitglieder und die Effektivität der gemeinsamen Arbeit.
4. Die benötigten sozialen Kompetenzen
wie z.B. Führung/Anleitung einer Gruppe, Kommunikation, Vertrauensbildung und Konfliktmanagement werden bewusst gelehrt und finden als notwendige Voraussetzungen für die gemeinsame Arbeit permanente Anwendung.
5. Eine Interaktion von Angesicht zu Angesicht
ist durch räumliche Nähe und stetige Kommunikation miteinander über den Fortschritt der Arbeit gekennzeichnet.
(vgl. Green, Norm und Kathy 2007, S. 44, S. 76 ff.; Helmke, Andreas 2009, S. 211 f.)

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Die für das kooperative Lernen benötigten Kompetenzen werden nicht als gegeben vorausgesetzt, sondern werden parallel zu den Fachinhalten und den damit verbundenen Kompetenzerwartungen Schritt für Schritt immer wieder trainiert und reflektiert. Die abschließende Reflexion nicht nur des Arbeitsergebnisses, sondern auch des gemeinsamen Arbeitsprozesses bieten für alle Beteiligten wichtige Hinweise für das weitere Training.

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„Kooperative Arbeitstechniken. Erfolgreiches kooperatives Lernen setzt neben einem vertrauensvollen Arbeitsklima bestimmte Kompetenzen voraus, insbesondere kommunikative Fertigkeiten und die Fähigkeit, sachliche und persönliche Konflikte zu bewältigen.
Reflexive Prozesse. Damit ist der wechselseitige Austausch über förderliche oder beeinträchtigende Bedingungen der Gruppenarbeit gemeint. Ebenso wichtig sind metakognitive Prozesse, vor allem die Überwachung (Monitoring), ob die Gruppenregeln eingehalten und Teilziele erreicht werden.“ (Helmke, Andreas (2012), S. 212)


Das kooperative Lernen bedarf einer räumlichen Struktur, die eine schnelle und reibungslose Organisation dieser intensiven Form der Zusammenarbeit ermöglicht. Sitzordnungen müssen entsprechend angepasst werden bzw. Abläufe mit der Klasse trainiert werden, wie möglichst reibungslos kooperative Gruppenarbeitsprozesse durch Umstrukturierung der Tische und Stühle geschaffen werden können.

Kooperatives Lernen in heterogenen Lerngruppen

Das Wissens- und Kompetenzgefälle in heterogenen Lerngruppen lässt sich lernförderlich nutzen, sofern die Leistung der Stärkeren in einer für die Schwächeren erreichbaren Zone ihrer Lernentwicklung liegt. (Helmke, Andreas (2012), S. 212)
In heterogenen Lerngruppen mit Lernern, die einer spezifischen Strukturierung ihrer Lernumgebung bedürfen, hat es sich bewährt, als Lehrkraft mit einem besonderen Maß der Steuerung kooperative Lernprozesse zu begleiten. Benkmann (2009, S. 11) konstatiert, dass Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf ganz wesentlich von der Zusammenarbeit mit leistungsstärkeren Lernern zusammenarbeiten. Notwendig sei ein Training für die gesamte Klasse, um die komplexen Strukturen und hohen Anforderungen an das soziale Miteinander, das in kooperativen Lernprozessen gefordert ist, erfüllen zu können.
Aktuelle Forschungen zum classroom management fokussieren einen kooperativ gestalteten Lernprozess und geben für verschiedene Dimensionen des Unterrichts Hinweise für eine gezielte, an der Lerngruppe bzw. einzelnen Lernern ausgerichtete Unterstützung.
Damit auch Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigungen im Lernen von kooperativen Lehr- Lernprozessen profitieren, muss die Lehrkraft sowohl bei der Zusammensetzung der Lerngruppen und der Gestaltung der Arbeitsaufträge die Kompetenzen der Gruppenmitglieder im Blick haben. (Büttner u.a. (2012), S. 6) Manchmal kann für diese Lerner auch der Erwerb sozialer Fähigkeiten das vornehmliche Ziel dieses Arbeitsprozesses sein.

Strukturierungshilfen und ausgewählte Methoden

Notwendig ist der Einsatz von Strukturierungshilfen, um kooperative Lernformen effizient und gewinnbringend für die gesamte Klasse zu gestalten. Diese können sowohl für die Klasse, einzelne Gruppen oder Schülerinnen und Schüler eingesetzt werden. Wiederkehrende Ablaufmuster, Visualisierungen (Bilder, Piktogramme, Rollenkarten) und klar kommunizierte Ziele kommen zum Einsatz. (vgl. Luder, Reto u.a. (2014), S. 93)


Einige Beispiele, die sich in der Praxis bewährt haben:

  • talking chips können das Einbringen von Redebeiträgen vieler unterstützen
  • die Think-Phase kann z.B. durch hinleitende, führende Fragen, differenzierte, illustrierte Lesetexte unterstützt werden
  • durch clock Buddies kann die Gruppenzusammensetzung von der Lehrkraft unterstützend gestaltet werden
  • Für einzelne Lerner kann es Vorteile haben, stabile Gruppen, die von der Lehrkraft zusammengestellt werden, zu haben. Wenn diese über einen längeren Zeitraum (Wochen/Monate) bestehen, kann Sicherheit und Vertrauen gewährleistet werden.
  • Umfasst die Reflexion am Ende der kooperativen Arbeitseinheit auch eine individuelle Zielsetzung, kann der Lernende Selbstwirksamkeit spüren.
  • Themen doppelt besetzen: so können Expertentandems von leistungsstärkeren und schwächeren Schülerinnen und Schülern gebildet werden, die dann Ergebnisse gemeinsam vortragen.
  • das Material übersichtlich im Raum anordnen:
  • das Material markieren und diese Markierung auf der Arbeitsanweisung anbringen
  • einen Ablaufplan der Stunde/Einheit verschriftlichen/symbolisieren
  • den Zeitrahmen deutlich machen
  • Regeln und Rituale klar, knapp, positiv und handlungsanweisend formulieren
  • Regeln u. Rituale immer wiederkehrend verwenden und immer wieder trainieren (regelmäßig in kooperativen Einheiten arbeiten, damit die Lerner Sicherheit und Orientierung gewinnen)
  • Schülerinnen/Schülern Themen zuweisen, die Lernzugänge, die ihnen entgegenkommen, ermöglichen.
  • Rollenkarten mit Piktogrammen
  • In einer Unterrichtsstunde nur eine Methode initiieren.
  • Methoden in Teilschritten anbahnen
  • Hilfestellung geben durch das Festlegen von Sozialzielen mit klaren wahrnehmbaren Indikatoren: Woran erkennen die Schülerinnen/Schüler, dass die soziale Fähigkeit gelungen umgesetzt ist?
    Einsatz einer T-Chart bzw. Y-Chart (vgl. auch Hinweise zu praktischen Hinweisen in der Literaturliste)
  • Individuelle Zielabsprachen mit einzelnen Schülerinnen/Schülern (Einsatz individueller Reflexionsbögen, Hinweiskarten auf dem Tisch oder Etui). Zu verwenden sind auch z.B. Signalkarten, wie sie in der Förderung bei ADHS eingesetzt werden. Beispiele finden sich im Buch von Lauth, G & Schlottke, P.F. (2002): Training mit aufmerksamkeitsgestörten Kindern. Beltz. Weinheim. Oder in der im Internet zugänglichen Präsentation:
    http://docplayer.org/10681462-Adhs-in-der-schule-ein-uebungsprogramm-fuer-lehrer-prof-dr-gerhard-w-lauth-pr-ofessor-lauth.html (S. 54ff)
  • ein Buddybook kann als unterrichtsbegleitendes Buch zur individuellen Dokumentation des Informationsstandes über ein Wissensgebiet oder des Fortschritts im Hinblick auf vereinbarte Ziele eingesetzt werden. Es kann aber auch von der Lehrkraft als Halbfertig- oder Fertigprodukt vorbereitet werden. Eine Faltanleitung findet sich unter:
  • Lösungen in Teams können durch die Methode Pairs-Check (Partner-Check) optimiert werden. Dazu werden kooperativ arbeitende Vierergruppen in Zweierteams aufgeteilt. Während der erste Partner dieser Zweierteams eine Aufgabe bearbeitet, unterstützt der andere, überprüft abschließend das Ergebnis und spricht Lob für den Bearbeitungserfolg aus. Bei der nächsten Aufgabe wechseln die beiden ihre Rollen. Sind auf diese Art und Weise von beiden Zweierteams alle Aufgaben bearbeitet, trifft sich die Vierergruppe zum Vergleich der Ergebnisse. Falls Lösungen voneinander abweichen, wird in der Gruppe ein korrektes Ergebnis erarbeitet. Abschließend feiert die Gruppe ihren gemeinsamen Erfolg. (vgl. Weidner, S. 168)

Peer-Tutoring

Eine besondere Form der kooperativen Zusammenarbeit bildet das Peer-Tutoring. Im Unterschied zum reziproken Lernen, wo die Rollen von Lehren und Lernen regelmäßig gewechselt werden, verbleiben die Partner beim Peer-Tutoring jeweils in den beiden Rollen von Tutor und Tutee.
Insbesondere benachteiligte Schülergruppen profitieren überproportional gut von den unterschiedlichen Varianten des Peer Assisted Learning. (Helmke, Andreas (2009), S. 214)
Helmke beschreibt, dass eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg dieser Lehr-Lernmethode darin besteht, dass z.B. durch Planungshilfen eine gezielte und systematische Unterstützung in der Vorbereitungs- und Lehrphase erfolgt. (ebd.)
Das Vorgehen beim Peer-Tutoring ist hochstrukturiert mit präzisen Aufgabenbeschreibungen. Es geht hier vornehmlich darum, bereits bekannte Inhalte und Basisfähigkeiten einzuüben und zu verfestigen. (Büttner u.a. (2012), S. 7)
„Leistungsfähigere Schülerinnen und Schüler sollen schwächeren Lernern durch unterstützende Verhaltensweisen (z.B. Feedback auf Aufgabenlösungen, Modellverhalten bei der Bearbeitung einer Aufgabe, Erläuterung komplexer Sachverhalte, Ermutigung bei Misserfolgen etc.) helfen, schulische Anforderungen zu bewältigen, die sie alleine nicht bewältigen könnten.“ (ebd., S. 5)

Diese Form scheint ein gewinnbringender Ansatz für den inklusiven Unterricht zu sein. (ebd., S. 8)

Materialien und praktische Hinweise zum Einsatz der Methoden finden sich auf einigen Internetseiten und in praxisbezogener Literatur.

Literatur und Links


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