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Explizite Strategien geschlechtersensibler Bildung

Explizite Strategien geschlechtersensibler Bildung bedeuten, dass die Kategorie Geschlecht bewusst hervorgehoben wird, zum Beispiel indem Geschlechteraspekte als Unterrichtsthema behandelt oder geschlechtertrennte Kurse oder Arbeitsgemeinschaften für Mädchen und Jungen angeboten werden. Eine solche Betonung von Geschlecht wird in der Literatur auch als Dramatisierung bezeichnet (vgl. Faulstich-Wieland 1996; Debus 2012), wobei dieser Begriff in der geschlechtersensiblen Bildung im Gegensatz zum alltagssprachlichen Gebrauch wertneutral ist. Denn eine Dramatisierung – hier im Sinne einer bewussten Hervorhebung – kann je nach Kontext ein berechtigtes Vorgehen sein.

Explizite Ansätze geschlechtersensibler Bildung sind dann sinnvoll, wenn einschränkende Geschlechterstereotype oder strukturelle Geschlechterungleichheiten durch implizite Strategien allein nicht hinreichend abgebaut werden können. Beispielsweise müssen geschlechterbezogene Diskriminierungen klar benannt werden, um beseitigt werden zu können. Auch wenn sich Lernende trotz individueller Förderung auf einschränkende Weise geschlechterstereotyp verhalten, kann es förderlich sein, diese Stereotype zu thematisieren oder die Lernenden sogar phasenweise nach Geschlecht zu trennen.

In vielen Fällen steht die geschlechtersensible Bildung dann vor einer paradoxen Situation, denn eine Betonung und somit Dramatisierung des Merkmals Geschlecht birgt immer auch die Gefahr, einschränkende Stereotype ungewollt zu reproduzieren oder sogar zu verstärken. Aus diesem Grund ist es wichtig, Dramatisierungen kritisch zu reflektieren und durch entdramatisierende Vorgehensweisen zu ergänzen. Entdramatisierung bedeutet, die Fokussierung auf Geschlecht wieder zu relativieren. Hierzu werden zum Beispiel Gemeinsamkeiten der Geschlechter, gesellschaftlich geprägte und somit veränderbare Ursachen von Geschlechterungleichheiten oder relevante geschlechtsunabhängige sowie individuelle Faktoren thematisiert. Zu einem entdramatisierenden Vorgehen zählt auch, die Geschlechtergruppen nach einer Trennung wieder zusammenzuführen und zu einer gemeinsamen Reflexion der Erfahrungen anzuregen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass je nach Kontext verschiedene Vorgehensweisen geschlechtersensibel sein können. Die Lehrkräfte und pädagogischen Fachkräfte entscheiden je nach Situation, welche Strategien für die jeweiligen individuellen Lernenden und die Lerngruppe sinnvoll sind.

  • Faulstich-Wieland, Hannelore (1996): Abschied von der Koedukation?, in: Kleinau, Elke/ Opitz, Claudia (Hrsg): Geschichte der Mädchen- und Frauenbildung, Frankfurt am Main, S. 386-400.
  • Debus, Katharina (2012): Dramatisierung, Entdramatisierung und Nicht-Dramatisierung in der geschlechterreflektierten Bildung. Oder: (Wie) Kann ich geschlechterreflektiert arbeiten, ohne geschlechtsbezogene Stereotype zu verstärken?, in: Dissens e.V./ Debus, Katharina/ Könnecke, Bernard/ Schwerma, Klaus/ Stuve, Olaf (Hrsg.): Geschlechterreflektierte Arbeit mit Jungen an der Schule. Texte zu Pädagogik und Fortbildung rund um Jungen, Geschlecht und Bildung, Berlin, S. 149-158.
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