Werkstatt-Tagung 2022:
Geschlechtersensible Bildung im Lehramtsstudium in Nordrhein-Westfalen.
Wissenstransfer - Diskussion - Vernetzung
Die Werkstatt-Tagung fand am Freitag, den 11. November 2022, von 10 bis 16 Uhr in Präsenz in der Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule (QUA-LiS NRW) in Soest statt.
Lehrkräfte sind bei der Umsetzung von geschlechtersensibler Bildung in der Schule von zentraler Bedeutung. Um professionell handeln zu können, brauchen sieGenderkompetenz. Diese muss bei allen Lehrkräften nachhaltig und phasenübergreifend gefördert werden. Im Lehramtsstudium werden hierfür wichtige Grundlagen gelegt.
Diese Werkstatt-Tagung zielte auf die Stärkung von geschlechtersensibler Bildung im Lehramtsstudium. Neben Möglichkeiten zur Förderung von Genderkompetenz in einzelnen Fächern wurden Beispiele für eine Verankerung in den Strukturen der Hochschulen aufgezeigt. Die Veranstaltung diente dem Wissenstransfer, dem fachlichen Austausch, der kollegialen Diskussion und der landesweiten, hochschulübergreifenden Vernetzung.
Die Tagung waroffen für alle Interessiertenvon Hochschulen mit Lehramtsstudiengängen. Sie richtet sich insbesondere an Personen, die an der Hochschule arbeiten, lehren, Lehramtsstudiengänge organisieren und/oder zu Geschlechteraspekten im Bereich Schule, Bildung und Erziehung forschen. Auch Lehramtsstudierende und Personen aus dem Bereich des Praxissemesters sowie der Schulpraxis und -verwaltung waren willkommen.
Der Ablauf der Werkstatt-Tagung war in mehrere Phasen unterteilt. Im ersten Teil der Tagung(10:10 Uhr-11:00 Uhr) wurde zunächst ein Überblick über die Möglichkeiten der Förderung von Genderkompetenz bei Lehrkräften sowie über die Unterstützungsangebote für Schulen in NRW bei der Umsetzung von geschlechtersensibler Bildung gegeben. In drei parallelen Foren (11:00 Uhr-12:15 Uhr) wurden anschließend Beispiele für Konzepte und Ideen vorgestellt, wie geschlechtersensible Bildung strukturell in Lehramtsstudiengängen und der Lehramtsausbildung implementiert bzw. gestärkt werden kann. Am Nachmittag (13:15 Uhr-15:30 Uhr) fanden fünf parallele Fachforen mit Beiträgen aus einzelne Fachdidaktiken und der Erziehungswissenschaft statt. Zum Abschluss wurden Vernetzungsmöglichkeiten und Perspektiven für die Weiterentwicklung geschlechtersensibler Bildung im Lehramtsstudium in NRW diskutiert.
Unterstützungsangebote des Landes für eine geschlechtersensible Bildung an Schulen in Nordrhein-Westfalen
In der ersten Phase der Werkstatt-Tagung gab dieser Impulsvortrag ein Überblick über die rechtlichen Grundlagen, das Grundverständnis von geschlechtersensibler Bildung und die Angebote des Landes. Dabei wurden auch Inhalte der Pädagogischen Orientierung vorgestellt.
Astrid Hoffmann, Referat 124, Ministerium für Schule und Bildung
In der zweiten Phase der Einführungsveranstaltung stand das Projekt "Schule der Vielfalt" im Fokus. Mit einzelnen Hochschulen in NRW gibt es im Rahmen der Lehramtsausbildung bereits Kooperationen mit diesem Projekt.
Nicolai Domscheit, Bezirkskoordination "Schule der Vielfalt"
In diesem Diskussionsforum wurde auf die Frage fokussiert, wie Mitarbeitende an Hochschulen für Genderaspekte und Diversität sensibilisiert werden können. Zunächst wurde ein Sensibilisierungskonzept von der Bielefeld School of Education (Bi-SEd) vorgestellt. Außerdem wurden Perspektiven zu Gender im Fach Mathematik eröffnet. Gemeinsam wurde unter anderem diskutiert: Wie kann Gendersensibilität bei (Hochschul-)Mitarbeitenden, in einem Fachgebiet und/oder einer Institution gefördert werden?
Dr. Carolin Dempki, Sabrina Hermann & Dr. Saskia Schicht (Universität Bielefeld) und Lara Gildehaus (Universität Paderborn)
In diesem Forum wurden zwei Beispiele präsentiert, wie gendersensible Bildung im Rahmen von Studienprofilen bzw. Zusatzqualifikationen gestärkt werden kann. Am Zentrum für Bildungsforschung und Lehrerbildung – PLAZ-Professional School der Universität Paderborn können Lehramtsstudierende im fächerübergreifenden Studienprofil Umgang mit Heterogenität Genderaspekte in den Blick nehmen. Bei den Angeboten der Basic und Advanced Trainings im Zentrum für Lehrkräftebildung der Universität Duisburg-Essen sowie weiterer Universitäten können Lehramtsstudierende freiwillig Schlüsselqualifikationen erlangen und auch Angebote zur Förderung von Genderkompetenz wahrnehmen.
Claudia Decker & Dr. Petra Westphal (Universität Paderborn) und Kristin Doering (Bezirksregierung Düsseldorf)
Beispiele für die digitale Vermittlung von Genderkompetenz waren Thema dieses Forums. Ein Moodle-Kurs für Studierende und Lehrende aus dem Projekt Gender@School an der Ruhr-Universität Bochum hat zum Ziel, für Gendergerechtigkeit zu sensibilisieren. Das – inzwischen auch digitalisierte – Zertifikat Geschlechterstudien/Gender Studies sowie die sich im Aufbau befindende digitale Selbstlernplattform sind weitere Beispiele für die digitale Vermittlung von Genderkompetenz aus dem Zentrum für Geschlechterstudien/Gender Studies an der Universität Paderborn.
Dr. Anike Krämer & Darleen Zereike (Universität Paderborn) und Felix Nickel-Holze (Ruhr-Universität Bochum)
Im Unterrichtsfach Englisch gibt es zahlreiche Möglichkeiten für genderreflektierende Ansätze und queere Perspektiven. In diesem Forum wurden fremdsprachendidaktische Grundlagen, konkrete Methoden sowie Erfahrungen aus der Unterrichtspraxis vorgestellt. Weiterhin wurde die Herausforderung diskutiert, wie Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung im Englischunterricht vor dem Hintergrund einer polarisierten gesellschaftlichen Debatte thematisiert werden können. Dieses Fachforum bot viele Impulse zur Förderung von Genderkompetenz in der Lehramtsausbildung.
Sina Derichsweiler (Universität zu Köln), Prof. Dr. Lotta König (Universität Bielefeld) und Prof. Dr. Thorsten Merse (Universität Duisburg-Essen)
In diesem Fachforum wurden die Grundlagen für die Zusammenhänge von Schule, Geschlecht und Sprache präsentiert. Das Unterrichtsfach Deutsch ist hierbei von zentraler Bedeutung. Neben grundlegenden Befunden aus der Fachdidaktik wurden Konzepte und Unterrichtsansätze für das Fach Deutsch dargestellt sowie anhand konkreter Geschlechterdarstellungen in kinderliterarischen Werken diskutiert. Weiterhin wurde gendersensibler Sprachgebrauch bei der Vermittlung von Deutsch als Zweit- und Fremdsprache zum Thema gemacht.
Dr. Nadine Bieker (Universität zu Köln), Sally Gerhardt (Universität Duisburg-Essen) und Helena Trapp (Universität zu Köln)
In diesem Fachforum wurden Inhalte aus drei verschiedenen Fachdidaktiken präsentiert. Neben der Vermittlung der Grundlagen eines genderreflektierenden Musikunterrichts wurden verschiedene Materialien gemeinsam bearbeitet und diskutiert. Ein anderer Beitrag fokussierte auf die genderbezogenen Überzeugungen und Denkmuster von Geschichtslehrkräften. In diesem Fachforum wurden auch Forschungsbefunde vorgestellt, inwiefern Lehrkräfte im Fach Niederländisch gendersensibel agieren. Aus den drei Beiträgen lassen sich gemeinsam Schlussfolgerungen für die Lehramtsausbildung ziehen.
Prof. Dr. Johann Honnens (Hochschule für Musik und Tanz Köln), Dr. Dietha Koster (Westfälische Wilhelms-Universität Münster) und Vera Tautorat (Universität zu Köln)
In diesem erziehungswissenschaftlichen Fachforum wurde zunächst das Praxissemester von Lehramtsstudierenden zum Thema gemacht. Dabei wurde ein Forschungsseminar, das als Vorbereitungs- und Begleitveranstaltung in der Universität während der Praxisphase diente und geschlechtliche Vielfalt zum Schwerpunkt hatte, vorgestellt. Weiterhin wurde der Frage nachgegangen, welchen Lerngewinn Studierende dem Praxissemester mit Blick auf ihre Genderkompetenz zuschreiben.
Jun.-Prof. Christine Demmer (Universität Bielefeld) und Dr. Johanna Ziemes (Universität Duisburg-Essen)
In diesem Fachforum gab es drei unterschiedliche, erziehungswissenschaftliche Perspektiven. Hierbei wurden bestimmte Anerkennungsformen und genderbezogene Identitätsherstellungen – auch im Rahmen der Lehramtsausbildung – problematisiert. Weiterhin zeigte ein queertheoretischer Blick auf inklusive Bildung Leerstellen, aber auch Potentiale in der Etikettierungsproblematik und im Anerkennungsbegriff. Außerdem wurde am Beispiel der Richtlinien für Sexualerziehung der Frage nachgegangen, welche Bedeutung gesamtgesellschaftliche Geschlechterverhältnisse für gendersensible Bildung in der Lehramtsausbildung haben. Gemeinsam wurde diskutiert, welche Schlussfolgerungen sich aus den Erkenntnissen für die Ausbildung von Lehrkräften ergeben.
Julian Sielenkämper (Ruhr-Universität Bochum), Dr. Anna Hartmann (Bergische Universität Wuppertal) und Laura Siebert (Universität Bielefeld)
Die Ergebnisse der Werkstatt-Tagung sowie weitere Beiträge zu Genderkompetenz in der Ausbildung von Lehrkräften sollen in einem Sammelband veröffentlicht werden. Für diesen Sammelband gibt es einen Call for papers, PDF (555 KB).
In der QUA-LiS arbeitet eine Kommission mit Lehrkräften aus NRW zu geschlechtersensibler Bildung in der Schule. Bei Interesse an einer Mitarbeit melden Sie sich bitte bei Ilke Glockentöger.